Das "Dr. Chen Wen-chen-Gedenkstätte" in Taipeh, Taiwan.

Gegenüber der Hauptbibliothek der National Taiwan University, neben einer Rasenfläche in der Nähe der Studentenvereinigung, befindet sich das Dr. Chen Wen-chen-Denkmal, ein ergreifender Ort, der an ein dunkles Kapitel in Taiwans autoritärer Vergangenheit erinnert. Dr. Chen Wen-chen, ein taiwanischer Assistenzprofessor für Mathematik an der Carnegie Mellon University, kehrte 1981 für einen Urlaub in seine Heimat zurück. Während seines Besuchs wurde er von der Geheimpolizei festgenommen und verhört. Kurz darauf wurde seine Leiche auf dem Campus der NTU, in der Nähe des heutigen Gedenkplatzes, gefunden. Der Vorfall erregte internationale Aufmerksamkeit und beleuchtete das repressive Kriegsrecht in Taiwan. Die autoritäre Kuomintang-Regierung behauptete damals, es sei Selbstmord gewesen, aber viele glauben, dass er vom Staat ermordet wurde. Chen war erst 31 Jahre alt. Nachdem Taiwan zur Demokratie überging, wurde Chens Vermächtnis zu einem Motivator, die Freiheiten des Landes zu verbessern. Heute arbeitet eine Stiftung, die in seinem Namen gegründet wurde, daran, Demokratie und Menschenrechte in Taiwan voranzutreiben. Die Stiftung betreibt auch ein Museum in der Nähe der NTU, das die Erinnerung an Chen bewahrt und die Öffentlichkeit über Taiwans autoritäre Vergangenheit und die demokratische Entwicklung aufklärt. Im Jahr 2011, zum 30. Todestag von Chen, gedachten ihn die Studenten der NTU an diesem Ort in der Nähe der Bibliothek und starteten eine Kampagne zur Errichtung eines dauerhaften Denkmals. Der Vorschlag stieß auf heftige Debatten mit der Universitätsverwaltung und brauchte 10 Jahre, um sich zu verwirklichen. Selbst die Inschrift "Zum Gedenken an eine mutige Seele, die sich der Staatsgewalt resolut widersetzte", ging nur knapp durch eine Abstimmung. Das Denkmal wurde schließlich im Jahr 2021 enthüllt. Die anfänglichen leeren Räume des Denkmals symbolisieren die unbeantworteten Fragen rund um seinen Tod und Taiwans Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit. Der graue, düstere Raum spiegelt die Atmosphäre von Verhörräumen und Gefängniszellen wider und bietet einen ruhigen Ort zum Nachdenken.